Zigarren gibt es nicht nur in vielen unterschiedlichen Formen, auch das Farbspektrum der Deckblätter ist beeindruckend umfangreich, und jede ist das Ergebnis vieler verschiedener Faktoren und Prozesse, die nicht zuletzt auch den Geschmack einer Zigarre beeinflussen. In diesem Cigar-Trivia-Beitrag geben wir Ihnen einen Überblick über die gängigsten Färbungen und Einblick in ihre Entstehung.
Natural, Rosado, EMS, Sun Grown und Connecticut sind die Deckblätter einer Zigarre beschreibende Begriffe, mit denen viele Zigarrengenießer vertraut sind. Zigarrenhersteller selbst unterscheiden zwischen dutzenden Nuancierungen bei Deckblättern, generell wird jedoch in sieben Kategorien unterschieden.
Diese erstrecken sich mit vielen Übergängen graduell von der hellsten bist zur dunkelsten Farbe: Candela bzw. Double Claro , ein mittlerweile seltenes Deckblatt mit matter grüner Färbung, Claro , ein Deckblatt mit gelblich-hellbrauner Färbung, Colorado Claro , ein hellbraunes Blatt, Colorado bzw. Rosado , eine Spur dunkler als Colorado Claro, meist mit einem rötlichen Stich, Colorado Maduro , ein mittleres Braun, Maduro , ein intensives Dunkelbraun und Oscuro bzw. Double Maduro , ein ins Schwarze gehendes Dunkelbraun.
Viele der gängigen Bezeichnungen für Deckblätter leiten sich aus der Anbau- bzw. Ernteart oder dem Herkunftsland ab – ein Umstand, welcher der Tatsache geschuldet ist, dass viele dieser aufgeführten Faktoren charakteristisch für einzelne Deckblattfarben sind. So geht man bei einem Broadleaf-Deckblatt davon aus, dass es sich bei der Zigarre um eine Maduro handelt. Aber warum ist das so?
Der wichtigste Einflussfaktor für die endgültige Farbe eines Deckblattes ist die Fermentation, ein Prozess, in dem die zuvor getrockneten Blätter unter kontrollierten Bedingungen einen mikrobiologischen Prozess durchlaufen, der neben vielen geschmacklichen Veränderungen auch zur Änderung der Farbe der Tabakblätter führt.
Maßgeblich für die finale Farbe sind dabei Dauer und Temperatur der Vergärung und damit indirekt auch die Eigenschaften des Tabakblattes selbst: So ist die Fermentationsdauer von Deckblättern, die unter künstlich errichtetem Sonnenschutz (Shade Grown) oder die unter einer natürlichen Wolkendecke wie in Ecuador heranwachsen, maßgeblich kürzer, da diese Pflanzen über weniger ätherische Öle und dünnere Blätter verfügen. Das Endergebnis sind damit hellere Deckblätter (z. B. Claro). Sun Grown-Tabak, speziell aus den oberen Etagen der Pflanzen, oder Broadleaf hingegen ermöglichen aufgrund der kräftigeren Blätter und der höheren Konzentration ätherischer Öle eine längere Fermentation, die sich von mehreren Wochen bis hin zu einem Jahr erstrecken kann und infolge dessen zu einer immer dunkleren Färbung der Tabakblätter führt.
Nicht nur Fermentation, Sonneneinstrahlung und die Position der Blätter auf der Pflanze haben einen Einfluss auf die Färbung der wertvollen Blätter. Auch die Sorte des Tabaks spielt eine Rolle: Die Blätter mancher Sorten sind von Haus aus dunkler als andere, und eine vorzeitige Ernte des Tabaks und die schnelle Trocknung der frischen Blätter führen zu einem helleren Ergebnis.
Ein Sonderfall, nicht nur hinsichtlich der Farbe, sind Double Claro- bzw. Candela-Deckblätter, die mittlerweile nur noch eine untergeordnete Rolle in der Zigarrenbranche spielen. Das war jedoch nicht immer so: Die außerordentliche Popularität der grünen Blätter in den 1960er- und 70er-Jahren in den USA verhalf den Deckblättern zu dem zum Teil noch heute verwendeten Namen American Market Selection (AMS). Während die Farbe anderer Deckblätter weitgehend ein Resultat des Trocknungs- und Fermentationsprozesses des Tabaks ist, erhalten Candelas ihre spezielle Farbe durch einen arbeitsintensiven und stark beschleunigten Trocknungsprozess der Tabakblätter. Die Temperatur in den Trocknungsscheunen wird dabei schrittweise so sehr erhöht, dass die Feuchtigkeit innerhalb von etwa drei Tagen komplett aus dem frisch geernteten Tabak entweicht. Das Chlorophyll wird dabei in den Zellen eingeschlossen und zerfällt nicht, wie es das bei langsamer Trocknung tun würde. Dadurch entsteht die charakteristische Farbe der Candelas und Tabakblätter mittlerer Stärke mit wenig Aroma.
Maduro-Deckblätter sind das Resultat einer langen und vergleichsweise heißen Fermentation. Für Maduros herangezogene Tabakblätter sind meist dicker und ermöglichen dadurch längere Fermentation bei höheren Temperaturen. Für die charakteristische schwarzbraune Färbung und ölig schimmernde Oberfläche einer Oscuro oder Double Maduro ist eine geduldige und kontrollierte Fermentation mit hoher Luftfeuchtigkeit bei mäßiger Hitze notwendig, die bis zu einem Jahr dauern kann.
Dieser Artikel wurde in der Cigar Journal Herbst-Ausgabe 2015 veröffentlicht. Mehr